Als Wendelin Gräbener 1958 in Münster zur Welt kam, war sie das Kind eines Vaters, der beruflich als Experte in der Entwicklungshilfe arbeitete. So kam es, dass sie ihre Kindheit und Jugend größtenteils in Spanien, Frankreich, Haiti und Ecuador verbrachte. 1983 begann sie in Barcelona ein Grafikstudium, dem das Keramikstudium folgte, welches sie mit dem Diplom abschloss. Die Ausbildung hat sie in guter Erinnerung, als Begleitung, die darauf zielte, das eigene Talent selbst zu entdecken. „Nichts wurde auferlegt“, sagt sie. 1989 wechselte sie nach Berlin. Bereits in Barcelona hatte sie ihre eigene Werkstatt betrieben, und an dem neuen Wohnort baute sie ebenfalls eine solche auf. Diesmal zusammen mit dem Glaskünstler Franz Winkelkotte. Seit 1990 folgten eine Reihe von Ausstellungen in Deutschland und im europäischen Ausland. Im gleichen Zeitraum lehrte sie als Dozentin für Keramik und Keramikofenbau an den Berliner Volkshochschulen Neukölln und Kreuzberg. 1995 zogen sie und Franz Winkelkotte nach Holperdorp, einer idyllisch gelegenen Bauerschaft im Osnabrücker Land, wo sie seitdem in den Gebäuden eines ehemaligen Bauernhofs ihre Werkstätten betreiben.
Neben Glas und mehreren Metallen hat sie zweifellos in der Keramik „ihr“ Werkmaterial gefunden, mit dem sie bevorzugt arbeitet. Ihre Kenntnis der Vielfalt von Bearbeitungstechniken lässt sich in ihren Werken an einer erstaunlichen Fülle von Gestaltungsideen unschwer erkennen. . Sie werden aber nie als bloße Effekte eingesetzt; stets ordnen sie sich der Idee des jeweiligen Kunstwerks unter.
Wenn man die Themen ihres Schaffens betrachtet, fällt als erstes ihre Vorliebe für weibliche Figuren auf. Das sind durchweg „starke Frauen“. Oft stehen sie fest auf welchem Boden auch immer, andere erscheinen wie im Aufbruch befindlich, oder sie gehen aufrecht durch Wind und Wetter, unbeeindruckt unterwegs, auf ihrem Weg, ihrer Reise – sowohl real wie ideal – wie die Künstlerin selbst. Manche Skulpturen erinnern an Gestalten aus antiker Sagenwelt, andere wirken wie dem Irdischen entrückte Priesterinnen. Dazwischen treten weltlichere Personen auf: Frauen vom Lande, Fischverkäuferinnen zum Beispiel – bodenständige eben – stets so aufrecht wie die göttlichen, und eine jede steht für sich und ist autonom. Wendelin Gräbeners Werk erschöpft sich keineswegs an diesem Thema. Es wendet sich auch ganz anderen Inhalten und Objektformen zu, – des Öfteren mit augenzwinkerndem Humor. Da fliegen schon mal sympathisch grüßende Engel oder geflügelte Schweine durch die Luft. Surrealistische Elemente rühren an das archetypische Repertoire des Betrachters. Da mag sich ihm auch die gelebte Erfahrung vielfältiger Kulturen mitteilen, die inhaltlich und stilistisch Eingang in ihre Arbeiten gefunden haben. Er kann spüren, dass Zeiten und Kulturen bei aller Vielfalt Gemeinsames und Vereinbares haben. Wendelin Gräbener: „Das Leben in verschiedenen Kulturen und Religionen macht einem wahrscheinlich das Herz und den Geist offener und vergrößert die innere Bilderflut.“